Die Lebenden und die Toten

Die Lebenden und die Toten

„Es sind die Lebenden, die den Toten die Augen schließen. Es sind die Toten, die den Lebenden die Augen öffnen.“ 

(Slawisches Sprichwort)

Ähnliches spricht Hilde Domin in ihrem Gedicht „Unterricht“ an.
Dort heißt es in der ersten Strophe:

Jeder der geht
belehrt uns ein wenig
über uns selber.
Kostbarster Unterricht
an den Sterbebetten.

Wohl dem, der die Möglichkeit hat, seine Lektion unter „friedvollen“ Umständen zu lernen, vielleicht allmählich und nicht unter gefühlt „brutalen“, die einen von jetzt auf gleich mit dem Tod eines geliebten Menschen konfrontieren, ohne Zeit zu begreifen, was da gerade passiert ist.

Nur einmal sterben sie für uns,
nie wieder.
Heißt es in dem Gedicht weiter.
Ein Satz, der fast wie eine Banalität, eine Plattitüde daherkommt, damit aber nicht weniger wahr ist.

In den Auslagen diverser Blumenläden liegen sie schon wieder aus, die Gestecke für die kommenden Gedenktage im November. Ich halte es da eher mit einem stillen Gedenken als mit großen Gestecken, die sich alle irgendwie so ähnlich sehen: genormt, haltbar …
Doch jede(r) wie sie/ er mag.

6 Gedanken zu „Die Lebenden und die Toten

  1. Ich halte es wie Du, keine (großen) Gestecke.

    Es muss auch meinerseits kein Grabbesuch sein, denn es ändert nichts an meiner Verbundenheit. Aber ich weiß, dass viele die Gräberbesuche brauchen. Vielleicht ändert sich das bei mir auch wieder einmal?
    Ge*danke*n und manchmal auch Zwiesprache, und immer über das Jahr verteilt. Nicht nur an diesen besonderen Tagen …
    Liebe Grüße, danke für die sehr passenden Zitate!

    1. Gern.
      Ich mag diese vorgegebenen Gedenktage, einschließlich Muttertag, nicht. Sie dienen inzwischen eher kommerziellen Zwecken und haben mit der ursprünglichen Idee nicht mehr allzuviel zu tun. Ich halte es da wie du, aber jede(r) wie sie/ er es für sich braucht.
      Herzliche Morgengrüße

  2. Auch hier keine Gestecke. Meine „Erinnerecke“ wird mit Blümchen oder Steinen oder Stöckchen und Moosen und Flechten geschmückt,. Je nachdem, was ich gerade mitbringe von draußen.
    Mein Erinnern spielt sich innerlich ab und geht die „Chrysanthemenzähler“ am Friedhof nichts an.
    liebe Grüße von Ellen

    1. So mag ich es auch.
      Erinnerungs“arbeit“ wechselt je nach Jahreszeit und auch meiner inneren Stimmungslage.
      Den Ausdruck „Chrysanthemenzähler“ kenne ich nicht, finde ihn aber herrlich. Bisher kannte ich nur die „Erbsenzähler“.
      Liebe Grüße

  3. Danke für diese interessanten Zeilen (und das Foto) zum Thema Tod.
    Man kann wunderbar darüber nachdenken und seine eigene Einstellung dazu sortieren.
    Jede und jeder von uns hat wohl seine eigenen Gedenk-Rituale, die helfen, die Verluste zu verarbeiten.
    Einen lieben Heutegruss,
    Brigitte

    1. Sich beizeiten, also noch zu Lebzeiten, mit dem Thema Tod zu beschäftigen, finde ich lohnenswert, kann es doch die Einstellung zum eigenen Leben entscheidend verändern und/ oder vertiefen.
      Hab einen l(i)ebenswerten Tag.

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