Arno Geiger, Der alte König in seinem Exil

Arno Geiger, Der alte König in seinem Exil

Wie Tilman Jens in „Abschied von meinem Vater“ schreibt auch Arno Geiger von seinem an Demenz erkrankten Vater. Doch im Gegensatz zu Jens hat er die Möglich-keit, Kontakt zu seinem Vater aufzubauen, nachdem er die anfänglichen Schwierigkeiten und Überforderungen, sich auf die veränderte Art des Vater einzustellen und einzulassen, überwunden hat. Es entsteht eine Innigkeit, die vor der Krankheit nicht bestanden hat: „Es gibt etwas zwischen uns, das mich dazu gebracht hat, mich der Welt weiter zu öffnen. Das ist sozusagen das Gegenteil von dem, was der Alzheimerkrank-heit normalerweise nachgesagt wird – dass sie Verbindungen kappt. Manchmal werden Verbindungen geknüpft.“ Er erfährt ein Glück, „das mit der Nähe zum Tod eine besondere Dichte erhält. Dort wo wir es nicht erwartet hätten.“
Es ist ein zum Teil anrührendes Buch, denn die mit der Krankheit einhergehende Veränderung im Sprechen und Wahrnehmen erzeugt oft sprachliche Wendungen, die amüsant und komisch wirken. Etwa als der Vater die kalte Hand des Sohnes hält, der gerade angekommen ist mit der Bemerkung: „Ihr könnt tun, was ihr zu tun habt, ich werde derweil diese Hand wärmen.“
Nebenbei erzählt der Autor in episodenhafter Form auch von seiner Kindheit und Jugend sowie die Geschichte des aus dem Krieg heimkehrenden Vaters, die der Ehe von Vater und Mutter, die nach Jahren der Trennung doch wieder miteinander zu tun haben. „Sein aufrichtiger Wunsch nach einer lebenslangen Beziehung geht ein bisschen in Erfüllung.“
Und er teilt seine Gedanken mit, die mit der Endlich-keit menschlichen Lebens zu tun haben, klammert auch das Thema Sterbehilfe nicht aus und fragt sich, ob nicht die Angehörigen „besser daran täten, über die eigene Unfähigkeit nachzudenken, mit der veränderten Situa-tion umzugehen. Die Frage ist: Will man den Kranken von der Krankheit befreien oder sich selbst von der Hilflosigkeit?“
Dennoch kein „schweres“ Buch!

Arno Geiger, Der alte König in seinem Exil, München 2011, 189 S.,  ISBN 978-3-446-23634-9

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