Monika Müller, Dem Sterben Leben geben

Monika Müller, Dem Sterben Leben geben


Dieses bereits 2004 erschienene Buch ist nun in ergänzter und überarbeiteter Auflage neu herausgegeben worden. Ein Buch, das sich sicher an Menschen richtet, die als ehrenamtliche und als hauptamtliche Hospizmitarbeiter tätig sind. Meines Erachtens ist es darüber hinaus ein gut geschriebenes, sehr verständliches Buch, das allgemein Menschen dazu einlädt, sich über ihre (Geistes-) Haltung Gedanken zu machen, mit der sie in ihrem Leben unterwegs sind:

„Ein Buch kann nicht den inneren Weg und die eigenen Erfahrungen ersetzten. Aber es möchte einladen, den eigenen Weg zu suchen, zu gehen und die dort gemachten Erfahrungen unter dem Gesichtspunkt von Spiritualität anzusehen und zu befragen. Dann können wir als Fragende selber womöglich in unsere Antworten hineinwachsen, auch in diese, indem wir sie immer wieder an uns selber richten. Als ein solches Hineinwachsen ist auch dieses Buch gedacht. Es möchte gemeinsam mit Fragenden der Frage nachgehen, was Spiritualität in unserer Arbeit sein könnte, wie sie gelebt und ausgedrückt werden könnte, wie sie uns Halt und Rahmen im Leben bedeuten könnte und wie wir letztlich mit ihr auch – vielleicht sogar mit Zuversicht – in unser eigenen Sterben hineinreifen können, um es möglicherweise nicht nur zu erleiden, sondern zu erleben (und sogar in gewisser und begrenzter Weise zu gestalten).“

Verschiedenen Geisteshaltungen (u.a. Geist der Ergänzung, des Geheimnisses, der Hilflosigkeit, des Humors) sind dann auch die jeweiligen Kapitel gewidmet, in denen die offensichtlich sehr belesene Autorin auf ihre langjährigen beruflichen und persönlichen Erfahrungen zurückgreift. Es sind Haltungen, die man nicht ein für allemal hat, also besitzt, sondern in die man als Mensch sein Leben lang hineinwachsen kann.

Sie beschreibt somit in diesem Buch Haltungen für einen lebenslanges Gehen und Lernen, denn nicht einmal der Weg ist auszumachen.

„Es gibt nur das Gehen. Und dieses Gehen hat sein je eigenes Tempo, seinen eigenen Rhythmus, seine je eigenen Pausen. Und seine je eigenen Einsamkeit. Man mag einem anderen begegnen, man mag – wie es Rilke so zart ausdrückt – die andere Einsamkeit von ferne grüßen, vielleicht auch eine Weile zuschauen, wie dieser andere seine Schritte setzt, letztlich aber geht jeder allein und ohne Maß.“

Sie reichert diese Erfahrungen mit Zitaten aus literarischen, philisophischen, spirituellen Werken an und das in einer sehr kreativen sprachlichen Gestaltung, die mit ungewöhnlichen Wortneuschöpfungen (Trostkraft, Taglockendes, Besetzungskraftmeierei, Werdemühen etc.) gespickt sind oder alten Begriffen neue Dimensionen geben. So lautet das erste Kapitel:

VOM GEIST, SICH DAS LEBEN ZU NEHMEN.

Sie zitiert den Inhalt einer Postkarte, die sie von einem Freund bekommen hat:

„‚Bin in Norwegen und nehme mir das Leben – reichlich. Dein Johannes.'“

Da denkt man doch zunächst: nanu!

Doch „sich das Leben nehmen“ bedeutet hier: Das Leben in seiner ganzen Fülle zu er-leben, zu er-fahren. Und dazu gehört für die Autorin auch das Sterben als Bestandteil des Lebens.
Ein leicht zu lesendes Buch mit Wirkmächtigkeit und Langzeitwirkung, wenn man es denn nicht nur liest, sondern für sich durchdringt und das ein oder andere ins eigenen Leben mit hineinnimmt. Absolut Lesenswert!

Monika Müller, Dem Sterben Leben geben, Die Begleitung sterbender und trauernder Menschen als spiritueller Weg, Gütersloher Verlagshaus, 1. Aufl. der ergänzten u. überarbeiteten Neuausgabe, Gütersloh 2018,

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