Vollmond
Wer einen Stiel an den Mond fügt hat einen schimmernden Fächer. (Kamasaki Sodan)
Wer einen Stiel an den Mond fügt hat einen schimmernden Fächer. (Kamasaki Sodan)
O Meer im Abendstrahl,An deiner stillen FlutFühl’ ich nach langer QualMich wieder fromm und gut. Das heiße Herz vergisst,Woran sich’s müd’ gekämpft,Und jeder Wehruf istZu Melodie gedämpft. Kaum dass ein leises WehDurchgleitet das Gemüt,Wie durch die stumme SeeEin weißes Segel zieht! (Alfred Meißner)
Es waltet rings des Frühlings erster Gruss –Ein leises Knospen, halb entfaltet Grün –Ein Schleier deckt die Sonne, zart GewölkStieg Nachts empor; doch dringt des Himmels Blau,Verheissung naher Seligkeit, hindurch –Es kos’t die Luft – wie eine liebe Hand,Die mehr nicht wagt, mit deinen Locken spielt. (Frieda Port)
Schaust du mich an aus dem Kristall,Mit deiner Augen Nebelball,Kometen gleich die im Verbleichen;Mit Zügen, worin wunderlichZwei Seelen wie Spione sichUmschleichen, ja, dann flüstre ich:Phantom, du bist nicht meines Gleichen! Bist nur entschlüpft der Träume Hut,Zu eisen mir das warme Blut,Die dunkle Locke mir zu blassen;Und dennoch, dämmerndes Gesicht,Drin seltsam spielt ein Doppellicht,Trätest du vor, ich weiß es nicht,Würd‘ ich dich lieben oder hassen? Zu deiner Stirne Herrscherthron,Wo die Gedanken leisten FrohnWie Knechte, würd ich schüchtern blicken;Doch von des Auges…
Dunkle Tage, wolkenübersponnen,Jeder regenschwerer noch und trüberZiehen teilnahmslos an mir vorüberSchweigend, wie verhüllte, blasse Nonnen. Und das Herz wird enger da und stilleKaum will sich ein leiser Wunsch noch regen,Langsam stirbt im steten, steten RegenJeder frohbewegte Schaffenswille. Und des Nachts kann sich kein Bild mehr spinnenIn den sonst so farbenbunten Träumen,Denn ich horche nur von allen BäumenAuf das monotone Regenrinnen … (Stefan Zweig)
Man frage nicht, was all die Zeit ich machte.Ich bleibe stumm;und sage nicht, warum.Und Stille gibt es, da die Erde krachte.Kein Wort, das traf;man spricht nur aus dem Schlaf.Und träumt von einer Sonne, welche lachte.Es geht vorbei;nachher war’s einerlei.Das Wort entschlief, als jene Welt erwachte. (Karl Kraus)
Pfützen spiegeln das Himmelslicht.Sie haben ein helles Gesicht. Meide ihre Mulden!Tritt nicht in Lachen.Wenn sie dich dreckig machen,Ist’s dein Verschulden. Pfützen sind Schicksal für manches Getier,Sind aber für Kinder Seligkeiten. Häufig werden sich zwei oder vierMenschen um Pfützen streiten. (Joachim Ringelnatz)
Der letzte, der allerletzte,so kräftig, hell, gelb schimmernd,als würden sich die Tränen der Sonneauf einem weißen Stein niederlassen.So ein tiefes, tiefes Gelber hebt sich ganz leicht nach oben.Er verschwand weil, so glaube ich,weil er der Welt einen Abschiedskuss geben wollte.Seit sieben Wochen habe ich hier gelebt.Eingepfercht im Ghetto.Aber ich habe hier meine Freunde gefunden.Der Löwenzahn verlangt nach mirund die weißen Kerzen der Kastanien im Hof.Aber ich habe niemals einen zweiten Schmetterling gesehen.Dieser Schmetterling war der letzte seiner Art.Schmetterlinge leben nicht hier,im Ghetto….
Schenken Schenke groß oder klein,Aber immer gediegen.Wenn die BedachtenDie Gaben wiegen,Sei dein Gewissen rein. Schenke herzlich und frei.Schenke dabei,Was in dir wohntAn Meinung, Geschmack und Humor,So daß die eigene Freude zuvorDich reichlich belohnt. Schenke mit Geist ohne List.Sei eingedenk,Daß dein GeschenkDu selber bist. (Joachim Ringelnatz)
Ich hab das „Ich“ verlernt und weiß nur: wir.Mit der Geliebten wurde ich zu zwein;und aus uns beiden in die Welt hineinund über alles Wesen wuchs das Wir.Und weil wir Alles sind, sind wir allein. (Rainer Maria Rilke)