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Kategorie: Gedichte

In meinem wilden Herzen

In meinem wilden Herzen

Wunderliches Wort: die Zeit vertreiben! Sie zu halten, wäre das Problem. Denn, wen ängstigts nicht: wo ist ein Bleiben, wo ein endlich Sein in alledem? – Sieh, der Tag verlangsamt sich, entgegen jenem Raum, der ihn nach Abend nimmt: Aufstehn wurde Stehn, und Stehn wird Legen, und das willig Liegende verschwimmt – Berge ruhn, von Sternen überprächtigt; – aber auch in ihnen flimmert Zeit. Ach, in meinem wilden Herzen nächtigt obdachlos die Unvergänglichkeit. (Rainer Maria Rilke)

Hoffnung

Hoffnung

Wann ist es Zeit,eine Hoffnung fallen zu lassen, loszulassen, aufzugebensie zu Grabe zu tragen? Und von welcher Hoffnung spricht das lyrische Ich in Schillers Gedicht „Hoffnung“, die man noch am Grabe pflanzt? Es reden und träumen die Menschen vielVon bessern künftigen Tagen, Nach einem glücklichen goldenen Ziel Sieht man sie rennen und jagen. Die Welt wird alt und wird wieder jung, Doch der Mensch hofft immer Verbesserung. Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein, Sie umflattert den fröhlichen Knaben, Den…

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Stille

Stille

Im Zimmer schwebt die Stille und die Wärme,ganz wie ein Vogel in durchglühter Luft,und auf dem schwarzen kleinen Tischeliegt still das Deckchen, dünn und zart wie Duft.Das Glas mit klarem Wasser, wie ein Traum,wacht, daß das Glöckchen neben ihm nicht lärme,und wartet scheinbar auf die kleinen Fische.Die rote Nelke dämmert in den Raum,als wäre sie dort Königin. Die ganze Stille scheint für sie zu sein,und nur die Flasche mit dem süßen Weinblinkt still und wie befehlend zu ihr hin.Sie aber…

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Die weiße Blume

Die weiße Blume

In Vaters Garten heimlich steht Ein Blümchen traurig und bleich; Der Winter zieht fort, der Frühling weht, Bleich Blümchen bleibt immer so bleich. Die bleiche Blume schaut Wie eine kranke Braut. Zu mir bleich Blümchen leise spricht: Lieb Brüderchen, pflücke mich! Zu Blümchen sprech ich: Das tu ich nicht, Ich pflücke nimmermehr dich; Ich such mit Müh und Not Die Blume purpurrot. Bleich Blümchen spricht: Such hin, such her, Bis an deinen kühlen Tod, Du suchst umsonst, findst nimmermehr Die…

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Endgültiger Abschied?

Endgültiger Abschied?

Wie hab ich das gefühlt was Abschied heißt.Wie weiß ichs noch: ein dunkles unverwundnesgrausames Etwas, das ein Schönverbundnesnoch einmal zeigt und hinhält und zerreißt. (Rainer Maria Rilke) Dieser plötzliche Abschied vor 17 Jahren hat mich erleben lassen, was es heißt:„Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen.“ Wissen ist das eine, davon betroffen zu sein, das andere, damit leben dann noch einmal eine andere Herausforderung. Ich denke, ich habe sie angenommen gelernt, mit ihr und der sie begleitenden Trauer zu…

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Kristall

Kristall

Ganz still. Und viele welke Blätter liegenwie braunes Gold, in Sonne eingetaucht.Der Himmel ist sehr blau,und weiße Wolken wiegen.Ein heller Frost den Reif auf Bäume haucht. Die Tannen stehen frisch und grün,und ihre Wipfel zeigen in die Luft.Und rote Buchen schlank und kühnhör’n auf den Adler, dessen Flug sie ruft,und steigen immer höher himmelan.Einsame Bänke stehen dann und wannund auch ein bißchen Gras, schon halb erfroren –die Sonne hat’s zu ihrem Liebling auserkoren. (Selma Meerbaum-Eisinger)

Morgenwonne

Morgenwonne

Morgenwonne mit Morgensonne!Dazu ein Bild und ein Gedicht: Ich bin so knallvergnügt erwacht.Ich klatsche meine Hüften.Das Wasser lockt. Die Seife lacht.Es dürstet mich nach Lüften. Ein schmuckes Laken macht einen KnicksUnd gratuliert mir zum Baden.Zwei schwarze Schuhe in blankem WichsBetiteln mich „Euer Gnaden“. Aus meiner tiefsten Seele ziehtMit NasenflügelbebenEin ungeheurer AppetitNach Frühstück und nach Leben. (Joachim Ringelnatz)

Der Rosmarin

Der Rosmarin

(Heute mal durch den Garten geschlendert und verwundert festgestellt: Ein Rosmarin blüht bereits. Gehört er zu den Frühblühern? Keine Ahnung! Wie auch immer: Ich freue mich.) Nur dort abwärts, grün wie immer,Stehst du noch mein Rosmarin!Willst du von dem bunten SchimmerErnst zu dir die Seele ziehn? Ja, du sagst: Wenn alle schieden;Wenn erlosch der Blumen Glanz,Biet‘ ich, stillen Orts, dem MüdenMeinen ernsten, dunklen Kranz. (Karoline Marie Luise Brachmann, die letzten beiden Strophen des Gedichts)

Die Vögel fliegen leichter um mich her.Die fremden Hunde wissen: das ist d e r.Nur einzig meine Mutter kennt es nicht,mein langsam mehr gewordenes Gesicht. (Rainer Maria Rilke)